Sonja Egger Illustration | Charakterentwicklung | Text

Mädchenkram

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Ich stimme jetzt nicht in die Litanei ein, dass früher alles besser war. Aber trotzdem trauere ich meinen Kinderbuch-Heldinnen, zum Leben erweckt von der wunderbaren Astrid Lindgren oder der grandiosen Christine Nöstlinger, nach. Die Protagonistinnen der modernen Mädchenliteratur finde ich im Gegensatz dazu tendenziell farblos – oder schlimmer noch – stereotyp. Von einschlägigen Reality-Soaps beeinflusst drängen auch immer mehr (Bilder)Bücher zum Thema Model auf den Markt. Neulich habe ich gelesen, dass 65% der erwachsenen Frauen 10 (!!!) IQ-Punkte abgeben würden im Austausch gegen mehr Schönheit. Ich war fassungslos. Was richten solche Vorbilder an?

Ich liebe freche selbstbewusste Mädchenfiguren wie die Froschprinzessin von Nikola Huppertz, denen auch Schwächen zugestanden werden. Da ich in der glücklichen Position bin mir meine Arbeit aussuchen zu können, wähle ich mit Bedacht, aber manchmal entscheidet einfach das Honorar. Oder es kommt vor, dass ich mein Stil-Repertoire erweitern will und ich nehme einzig und allein deshalb einen bestimmten Job an, wie beispielsweise die Covergestaltung der Silberherz-Reihe von Amy Tree (Band 1-8).

Ich finde, dass Mädchenkram literarisch gesehen eine möglichst große Bandbreite abdecken sollte. Dann sind auch ab und zu stereotype Modelmalbücher erlaubt. Was meint Ihr?

Bild oben: Silberherz von Amy Tree, Band 1 (Ravensburger)
Bilder unten: Supermann und Froschprinzessin von Nikola Huppertz (Arena)

Mehr Mädchenkram bei Luzia Pimpinella.

 

15 Antworten auf Mädchenkram

  • liebe Sonja, ich kann dir da wirklich nur von Herzen zustimmen… ich habe zwei Jungs, einer erwachsen, der andere auf dem Weg dazu und im Nachhinein glaube ich auch leichter zu erziehen, wie Mädchen… die 9 jährige Tochter meines LG wünscht sich nichts sehnlicher als Schuhe mit Absätzen !!! und wurde, obwohl spindeldürr, in der Schule als “fett” bezeichnet :( …in diesem Alter habe ich mit meinen Schwestern Baumhäuser gebaut und Schatzkisten vergraben… der Einfluß der vielen Medien ist heutzutage wirklich kein Segen… für mich ist Kleinmädchenkram mein altes Poesiealbum in babyrosa, wo die Mitschüler noch witzige Sprüche und die Eltern und Verwandte wunderschöne Gedichte reingeschrieben haben… damals noch müde belächelt, ist mir letzte Woche beim durchlesen bewußt geworden, wie wunderbar all diese Weisheiten sind… hab einen sonnigen Tag, liebe Sonja !

    ps deine Covergestaltung finde ich herzallerliebst und ganz ganz toll !!!

    gepostet von

    die Kramerin am
  • Du hast ja so recht!!!
    Es ist manchmal grausam, was da an Mädchenbüchern angeboten wird und das Rollenbild quasi wieder 50 Jahre zurückversetzt.
    Da ich Mama eines erwachsenen Sohnes bin, war ich mit der Problematik der reinen Mädchenliteratur nicht konfrontiert, beobachte aber mit Graus die rosaroten Bücherberge in den Buchhandlungen..
    Allerdings fand ich auch nicht alles was mein Sohn las pädagogisch wertvoll (TigerTeam), aber das ist eine andere Geschichte. ;-)
    Die beiden Buchtitel. Die du vorstellst, kenne ich gar nicht, werde aber mal Ausschau halten.
    Einen schönen Tag und LG,
    Monika

    gepostet von

    Monika am
  • Du hast vollkommen recht und leider ist es sehr sehr schwer sich diesem
    Einheits-Schei.. zu entziehen, wenn die Mädels es sich so sehr wünschen
    und man selber aber PICKEL kriegt :)
    Immerhin…Barbies kamen uns nie ins Haus!!
    Liebe Grüße
    Daniela

    gepostet von

    havelmädchen am
  • wahrscheinlich ist es wie auf vielen anderen Gebieten auch : da es x-mal mehr Angebot als “früher” gibt, muss man entsprechend mehr aussortieren. Aber wer sucht, der findet, garantiert! liebe Grüsse.

    gepostet von

    swig - filz felt feutre am
  • Ich bin noch in der glücklichen Situation, dass das Mädchen genderübergreifende Bücher liest. Auf Mädchenbücher verzichte ich noch und sie verlangt sie auch (noch) nicht. Aber worüber ich mich bei Klamotten bereiets aufgeregt habe, wird wohl bei Büchern noch kommen…
    Mal sehen, wie wir das dann lösen. Die “alten” Bücher habe ich auf jeden Fall noch aufbewahrt und werde sie bei passender Gelegenheit wieder hervorholen.
    Liebe Grüße! Sonja

    gepostet von

    Sonja am
  • Ich stimme dir vollkommen zu! Als ich meinen Clowntext eingereicht habe, wurde ich von einem Verlag zu einem Gespräch gebeten – doch meine Freude versiegte schnell. Thema des Gesprächs, Figuren wie ein Clown ließen sich nicht verkaufen. Ich solle aus dem Text doch eine Fernsehcastingshowgeschichte machen, am besten mit einem Model. Und textlich nicht ganz so anspruchsvoll. Reime gingen überhaupt nicht mehr. Und überhaupt… – traurig find ich das. Dass die Buchwelt, vor allem die Kinderliteraturwelt mitmacht bei der größtenteils Niveaulosigkeit von Fernseh- und Computerspielalltag, anstatt zu versuchen, dem Buch und guter Kinderliteratur den Stellenwert einzuräumen, den sie mal hatte und das Buch ganz im Gegensatz zum Sonstigen sich abheben lässt und nicht ins Klischee fallen lässt. Das betrifft nicht nur Mädchenliteratur. Aber vor allem die. – Weh tat dabei nicht die Ablehnung, sondern die Begründung. Und das von einem Verlag, der unter anderem Erstlesebücher und Schulbücher herausgibt…
    Liebe Grüße
    Dania

    gepostet von

    Dania am
  • Es ist schon so, wie du es beschreibst. Ich arbeite in der Bücherei, und alleine das, was jedes Jahr neu auf den Büchermarkt nur für Mädchen geworfen wird, ist unglaublich. Da denkt man meist schon beim Betrachten des Bucheinbandes unwillkürlich an Zuckerwatte. Wir überlegen schon seit längerer Zeit, dem mit einer entsprechenden BoysZone entgegen zu wirken. Eine Ecke nur für Jungs. Aber eigentlich schade, dass so etwas heute wohl nötig erscheint :-(.
    Liebe Grüße, Sabine

    gepostet von

    heimelig am
  • Liebe Sonja,
    ich finde die frechen, starken Mädchen, wie Pippi Langstrumpf einfach genial und perfekt als Vorbild. Mit den neuen Bücherfiguren wie bsp. Lillifee kann ich so gar nichts fangen, meine Töchter zum Glück auch nicht!
    Liebe Grüße,
    Sabine

    gepostet von

    Sabine Seyffert am
  • ich bin ganz bei dir, liebe sonja, und – gegen die mutlosigkeit und verärgertheit, die einen ergreifen möchte von zeit zu zeit – fest davon überzeugt, dass es letztlich auf die frauen ankommt, denen man im echten leben begegnet. zum glück gibts da ziemlich gute.
    liebe grüße von ulma

    gepostet von

    ulma am
  • Liebe Sonja,

    Ich bin fasziniert von deinen Arbeiten – wie cool ist das denn Kinderbuchillustratorin zu sein?!
    Ich stimme dir allerdings zu – Pippi Langstrumpf und Ronja Räubertocher sind auch die Heldinnen meiner Kindheit (und ehrlich gesagt auch noch heute – ein Pippi Langstrumpffoto in Form einer Postkarte hängt hier direkt vor mir) . Ich muss aber auch mit einem Aufatmen zugeben, dass z.B. der Lilifee-Kelch dank eines Sohnes sehr wahrscheinlich an uns vorbeiziehen wird. Aber wer weiß, was stattdessen noch kommen wird?
    Ich wünsche dir einen schönen Endspurt zu einem hoffentlich entspannten Wochenende!

    Liebe Grüße aus Köln von Steffi (der heute nix zu dem Thema eingefallen ist)

  • ohja. ich stimme diR zu.
    bin fRoh, dass meine elteRn gegen meine lesewut nicht gegenan kaufen konnten und ich unseRe oRtsbücheRei komplett duRchgelesen habe [und dies ist kein scheRz – wirklich komplett]. ich mochte alle buchstaben. heute bin ich wähleRischeR. abeR iq gegen schönheit. niemals. liebeR klug und mittelpRächtig als schöndumm.
    liebe gRüße. käthe.

    gepostet von

    käthe am
  • da hast du recht: früher war’s mitnichten besser – thackeray sagte über charlotte brontë, auch sie hätte mit freuden intelligenz für etwas schönheit eingetauscht. angesichts der wichtigkeit der optik (gerade) im heutigen berufs- und gesellschaftsleben ist das gar nicht mal so dumm. wenn du in so manche zerstörte gesichtsfassaden schaust, glaubst du da habe jemand gleich den ersten (potenziellen) einser im quotienten mit wegschnipseln lassen – was machen da 10 mickrige pünktchen weniger aus? :-(((

    das mädel liest lillifee? freut euch: das mädel LIEST!!! wer weiß, vielleicht verirrt sich dann auch mal die pippilotta in die leseliste…
    aber lasst die kleinen nie allein mit dem was sie lesen – lest mit ihnen, teilt ihre interessen, fordert sie heraus: vielfalt statt einfalt! dann wird auch schlimmerer lese-junk-food als die silberherz-reihe (BTW: mit bettelarmband-beigabe à la juniortüte!) kurzweiliger lesespaß ohne unerwünschte nebenwirkungen bleiben.

    lg ei

    gepostet von

    ei am
  • Keine Sorge. Die Verdeppung per gefotoschoppten Pseudoidealbildern schreitet auch auf Männerseite voran. Allerdings: Das mit dem “Ich geb 10 Punkte her für mehr Schönheit”, das gibt’s bei uns Männern nicht! Zu groß wäre die Gefahr, ins Minus zu rutschen …

    gepostet von

    Gerd am
  • Ich bin mit der aktuellen Kinder-/Mädchenbuchliteratur nicht vertraut…aber ich kann mit Gewissheit sagen, dass mich Bücher mit so einem Cover als Kind nicht angesprochen hätten! In dem Alter fand ich diesen ganzen Mädchenkram gruselig ;) Christine Nöstlinger-Bücher habe ich früher verschlungen…aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass diese (oder auch andere Kinderbücher) so spezifisch für Jungs ODER Mädchen gestaltet waren…

    gepostet von

    Frau Haselmayer am
  • Hallo du,

    oh gott, ich hab selten so tolle Sachen, wie bei dir gesehn. es kommt so gut wie nie vor, dass ich wirklich lust habe, mich durch den gesamten blog zu klicken.
    danke dafür!

    und ja, die Froschprinzessin, i like!!!
    Obiges ist zwar nicht ganz nach meinem Geschmack, aber toll gezeichnet ist es!!!!

    LG Nic

    gepostet von

    Nic am

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