Sonja Egger Illustration | Charakterentwicklung | Text

In eigener Sache

Von Geschenken und Zwickmühlen

 

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Was ich am Bloggen so mag, sind u.a. die unverhofften Begegnungen und Bekanntschaften. Durch eine glückliche Fügung habe ich Barbara von Eintopfheimat kennen gelernt. Auf der Suche nach speziellen Illus für Ihren Blog-Relaunch ist sie bei mir gelandet. Ihre Experimentierlust in der Küche hat mich sofort fasziniert und ich freue mich, dass einige meiner Zeichnungen auf ihrem schönen Blog vertreten sind.
Für Euch springt bei dieser Kooperation auch etwas heraus: Ihr habt die Möglichkeit eine meiner Rezeptkartenboxen zu gewinnen: Hinterlasst bis Mitternacht einen Kommentar. -> klick!
Und noch ein kleines Vorweihnachtsgeschenk gibt es: Den wunderbaren Adventkalender von Ute kennt Ihr hoffentlich!? Heute könnt Ihr dort ein kleines Tiermandala von mir herunter laden. -> klick!

 

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Angesichts der Begegnungen mit so netten Menschen stecke ich in einer Zwickmühle: Der zweite Bloggeburtstag steht vor der Tür und ich brüte seit Wochen über der Frage, ob der zweite auch der letzte sein wird. Ich muss mir eingestehen, dass mein Blog zunehmend als Selbstbedienungsladen wahrgenommen wird. Was ich nicht gratis zum Download zur Verfügung stelle, wird dreist geklaut oder 1:1 kopiert. Mittlerweile wurde auch schon der ganze Blog geklont und existiert als illegaler kolumbianischer Zwilling im Netz. Und dann gibt es auch noch die Arglosen, die nur “für sich privat” meine Designs nachbauen und ganz harmlos “teilen”. Wenn ich Pech habe über einen Dienst wie whatsapp, dessen Nutzung bekanntermaßen die Übertragung aller Urheberrechte bedingt.

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Abgesehen vom Ärger und vom finanziellen Schaden, bin ich menschlich enttäuscht. Ich gebe es zu. Ich will nicht glauben, dass unsere Welt nur so funktioniert. Momentan weiß ich daher nicht so recht, was ich posten soll. Mir fehlen die Worte.

 

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Euch allen, die Ihr Euch nicht angesprochen fühlen müsst ein herzliches Dankeschön fürs Mitlesen und Mitleben! Bis bald.

 

 

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Mein erster Bloggeburtstag heute hier. Den 100sten Post nur knapp verpasst (wie machen das andere liebe Bloggerinnen, die in der selben Zeit doppelt so viel posten?). Eigentlich ein Grund zum Feiern und eigentlich sollte dieser Post ein lustiger werden. Aber es kommt anders. Mein Leben ist gerade auf den Kopf gestellt. Ausgelöst durch ein einzelnes Ereignis. Aber ein schwerwiegendes. Seit 12 Jahren illustriere ich Kinderbücher, in manchen Jahren bis zu 10. Mein Terminkalender immer ein bis zwei Jahre im voraus gefüllt, ein Projekt nach dem anderen abarbeiten. Das Leben zerrinnt zwischen den Fingern, die Fließbandproduktion nicht aus reiner Freude an der Sache, sondern aus der puren Notwendigkeit die Lebenshaltungskosten mit einem mageren Honorar zu decken. Arbeiten, fernsehen, schlafen.
Irgendwann dann vor zwei Jahren die Erkenntnis, dass jeglicher Freiraum fehlt. Persönlicher wie auch beruflicher. Keine Möglichkeit der Entfaltung und düstere Aussichten für die Zukunft. Auch in gesundheitlicher Hinsicht – null Bewegung, Seelenfutter und Dauerstress hinterlassen Spuren an Körper und Seele. Und dabei die Einsamkeit und die Unmöglichkeit sich mit KollegInnen auszutauschen oder ein direktes Feedback auf die eigene Arbeit zu erhalten.

Als mir ein Verleger – einer der letzten echten – am Anfang meiner Laufbahn gesagt hat, man könne von der Illustration nicht leben, habe ich ihm nicht geglaubt. Und ich war stur genug durchzuhalten und stolz darauf, dass ich es tatsächlich und aus eigenem Antrieb geschafft hatte. Aber es ist und bleibt ein Drahtseilakt: Wenn man ein halbes Jahr an einem Buch arbeitet und der Verlag dann die Reinzeichnungen (hier ein Coverausschnitt) ablehnt, kann das die Existenz kosten. So geschehen vor einigen Tagen. Im Klartext heißt das für ein halbes Jahr Arbeit etwas mehr als 1000,– Ausfallhonorar. Die Umstände und die Gründe für die Ablehnung sind unerheblich. Hier geht es auch gar nicht um Schuldzuweisung – es ist fraglich ob man bei unterschiedlichen Erwartungen und Vorstellungen überhaupt von Schuld sprechen kann. Aber es geht um Verantwortung.

Es ist wahr: Bücher machen ist teuer, Bilderbücher machen ganz besonders. Jedes einzelne Buch muss in einem aufwändigen Offset-Verfahren gedruckt, beschnitten und gebunden werden, von der Entwicklung des Inhalts mal ganz abgesehen. Verlage wenden zur Berechnung einen fixen Kalkulationsschlüssel an, der neben den Produktions- und Vertriebskosten auch das Honorar für AutorInnen und IllustratorInnen berechnet. Wahr ist, dass viele Verlage – besonders kleinere und Nischenverlage – ums Überleben kämpfen. Dass es immer schwerer wird, sich in der immensen Fülle an jährlichen Neuerscheinungen durchzusetzen.
Aber wahr ist auch, dass das ganze Verlagswesen ein Riesengeschäft ist. Wer mit offenen Augen durch die Frankfurter Buchmesse geht, sieht wie viel Geld im Spiel ist. Das Verlagswesen ist vergleichbar mit der modernen Agrarökonomie: Immer mehr produzieren zu immer billigeren Preisen. Überschüsse für die Müllhalde. Bücher verkommen zu Wegwerfartikeln.
Als Illustratorin höre ich immer, dass man meine Leistung gerne höher honorieren würde, dass aber der Markt zu heiß umkämpft sei. Im deutschsprachigen Raum sei es besonders schwer zu veröffentlichen, weil die Auflagezahlen nicht vergleichbar seien mit den Absatzmöglichkeiten beispielsweise im angelsächsischen Raum. Wenn Gewinn also nicht über die Größe des Absatzmarktes hereinzuholen ist, müsse man sich eben preislich von der Konkurrenz abheben.

Wenn sich also alles über den Preis entscheidet: Wie kommt es dann, dass beispielsweise in Italien mit einem winzigen Absatzmarkt ganz andere (Bilder-)Bücher produziert und zu einem viel höheren Preis verkauft werden können?

Die Antwort ist naheliegend. Weil Bücher einen anderen Stellenwert haben und Käufer bereit sind, Qualität zu honorieren.

Die Verantwortung liegt also bei uns allen. Mit jeder Kaufentscheidung treffen wir auch eine Entscheidung über das Leben von anderen Menschen. Wir müssen nicht (nur) nach Asien oder Afrika schauen, wo wir Menschen unter sklavenähnlichen Bedingungen für unseren Konsum schuften lassen. Die Ausbeutung findet auch bei uns statt, in den eigenen Reihen. Und auch in den achso-prestigeträchtigen Berufen.

Ich liebe meinen Beruf und ich kann mir nicht vorstellen, ihn jemals ganz aufzugeben. Aber ein zweites Desaster dieser Größenordnung kann ich nicht heil überstehen.
Ich muss mir nun überlegen, wie es weiter gehen soll.
Und ich glaube auch, dass die ganze Gesellschaft sich diese Frage stellen muss.

Heute, an diesem 1. Geburtstag wollte ich auch meinen Shop eröffnen, aber die Ereignisse der letzten Tage haben mich in meiner Planung zurück geworfen. Und so lange ich nicht eröffne, kann ich mich schrödingerskatzengleich auch einer Illusion hingeben. Wenigstens dieser einen noch. Ich wollte heute mit Euch feiern. Dass es schön ist hier zu sein. Dass ich mich freue über Eure vielen positiven Rückmeldungen und darüber so wunderbare Menschen kennengelernt zu haben – manche sogar in echt. Das Feiern wird verschoben, das Danke bleibt:
Danke, dass Ihr da seid und mir zuhört. Und mich nicht bemitleidet, sondern dieses System überdenkt.

 

 

Ars Pro Toto

kunst für alle/s
illustration und handgemachtes

ars pro toto bei brigitte-mom

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